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EX Design systematisch gestalten…

In den letzten vier Blogposts, die gleichzeitig auch die ersten vier Blogposts waren, da ging es in Post #1/23 über mich und den Podcast, wie ich zu dem Thema komme und was mich mit dem Thema Employee Experience verbindet. Post #2/23 handelte von etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte, einer großen positiven Überraschung 🙂 In Post #3/23 ging es in einer improvisierten Folge um ein das Thema Unternehmens Zertifizierungen. Wann Unternehmens Zertifizierungen für mich insbesondere Sinn machen und wie das Ganze mit dem Thema Employee Experience zusammenhängt. Ja, und im letzten Post #4/23, da habe ich einen Blick auf die zwei aus meiner Sicht meist übersehenen Erfolgsfaktoren für eine ausgezeichnete Employee Experience geworfen. Wenn Euch die Themen interessieren, dann lest hier im Blog gerne auch nach.

Heute soll es darum gehen, wie aus meiner Sicht ein systematischer Ansatz zu Employee Experience Design ausschauen kann, bzw. soll. Wie bzw. wo fange ich an? Woran kann ich mich orientieren? Welche Methoden habe ich kennengelernt, die sich für mich als erfolgreich und zielführend herausgestellt haben? Und an was gilt es alles zu denken, wenn ich mich auf den Weg mache?

Einleitung: Gut Ding braucht Weile

Ich beginne damit, einen Blick auf das Thema Zeit- und Ressourcenwand zu werfen. Oder auch, wie viel Energie braucht es denn, um hier loszulegen und ins Tun zu kommen? Die strategische Analyse der sogenannten „Employee Journey“ ist etwas, das vor allem gemeinsam mit den Menschen im Unternehmen erfolgen muss. Und das bedeutet, man benötigt doch einiges an Zeit Ressourcen (siehe auch unten zum Thema Fokusgruppen). Und sich das konzeptionell davor zu überlegen, und gut aufzusetzen und zu planen, braucht ebenfalls Zeit. Kurzform: Gut Ding braucht Weile, und eine systematische Analyse und strategisches Design der Employee Experience im Unternehmen braucht viel Zeit und Energie. Behaltet das im Hinterkopf, wenn Ihr plant loszulegen.

Exkurs: Die Employee Journey Map

Nun ist gerade der Begriff Employee Journey Map gefallen. Warum handelt es sich dabei? Das ist ein Tool, oder auch eine Methode wenn es um das Design geht, wie ich die Reise von Mitarbeitenden im und durch das Unternehmen darstellen kann. Da gehört zuallererst einmal dazu anzuschauen und auch zu definieren, was sind denn die (1) wesentlichen Phasen die die Mitarbeitenden durchlaufen, in ihrem sogenannten Employee Lifecycle, also dem Mitarbeiterlebenszyklus? Also beginnend beim Erstkontakt mit dem Unternehmen, dem Bewerbungsprozess, dem Onboarding, der Weiterentwicklung und Veränderung im Unternehmen, bis hin zum Offboarding und Ausscheiden aus dem Unternehmen.

Ich gebe zu, ich weiß noch nicht genau, ob ich den Begriff „Employee Lifecycle“ mag oder nicht, es ist jedenfalls ein gängiger Begriff der weitläufig Anwendung findet. Mangels einer besseren Bezeichnung verwende ich selbst diesen Begriff. Wie handhabt Ihr das? Nutzt ihr Mitarbeiterlebenzyklus aktiv in Eurem Sprachgebrauch auch im Unternehmen? Verwendet Ihr alternative Begriffe, und wenn ja, welche? Freu mich dazu über Euer Feedback.

Als nächstes gilt es zu analysieren, was Kolleginnen und Kollegen in den verschiedenen Schritten ihrer Unternehmenszugehörigkeit tatsächlich erleben. Was sind die (2) wichtigsten Kontaktpunkte innerhalb dieser Journey, die sogenannten Moments that Matter. Das sind jene Punkte im Kontakt mit dem Unternehmen, die besonders wesentlich für Mitarbeitende sind, die meistens auch besonders emotional aufgeladen sind, und in denen man eben dadurch entweder sehr viel gut oder leider auch sehr viel schlecht machen kann. 

Und schlussendlich muss ich mir diese wesentlichen Kontaktpunkte, diese Moments that Matter dahingehend anschauen, was denn die (3) Erwartungen von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dazu sind, und wie ich diese Erwartungen aktuell erfülle. Wo gibt es Dinge die schon gut laufen, und wo gibt es Verbesserungspotenzial. Wo habe ich also etwas zu tun, um diese wesentlichen Momente positiv(er) zu gestalten.

Phase 1: Beginnen bei dem was schon da ist

Womit fange ich nun konkret an? Als erstes, und das ist ein ganz wichtiger Punkt den es nicht zu „übersehen“ gilt, sollte man mit dem beginnen, was schon da ist im Unternehmen. Ich vermute auch bei Euch gibt es schon viel auf dem man aufbauen kann, und das man auch berücksichtigen kann bzw. muss. Konkret meine ich damit: Wie ist unsere Vision, wie ist unsere Mission, was sind unsere Unternehmensziele? Wo wollen wir als Unternehmen überhaupt hin? Wofür stehen wir als Unternehmen? Und dementsprechend welche Zielgruppen und welche Personen spreche ich an? Welche Werte sind uns wichtig, sind diese niedergeschrieben, werden sie gelebt? Gibt es eine EVP, eine sogenannte Employer Value Proposition, etc.

Ihr merkt, dieser erste Schritt ist erst einmal ein theoretischer und vielleicht auch detektivischer, all das zu sammeln, miteinander in Beziehung zu bringen, und auf die wesentlichen auch für die Employee Journey relevanten Punkte zu kondensieren. Mit dieser „Desk Research“ Phase schaffe ich die Basis für das, wogegen ich dann nachher auch in der Analyse matchen will und werde. Vielleicht für den einen oder die andere überraschend, dass es im Prozess erst einmal am „Schreibtisch“ beginnt. Je nachdem wie gut ihr hier schon aufgestellt seid, kann diese Phase kürzer oder auch länger dauern. Wenn sie kurz ist, wunderbar. Was ich aber in keinem Fall empfehle: die Phase auszulassen, mit dem Argument das wissen wir ohnehin schon alles, das haben wir ja schon lange. Denn darum geht es hier nicht, ob und wie lange ich die oben genannten Komponenten habe. Es geht hier darum, sie sich noch einmal ganz konkret unter dem Aspekt Employee Experience und Employee Journey anzusehen, und auf die dafür relevanten Punkte zu reduzieren.

Phase 2: Raus zu den Menschen

Der nächste Schritt dafür wird nun sehr praktisch und hands-on. Denn jetzt gilt es „rauszugehen“ und mit den Menschen im Unternehmen zu sprechen. Von den Kolleginnen und Kollegen direkt Feedback einzuholen, sie zu Ihrer Employe Journey und Ihren ganz konkreten persönlichen Erlebnissen zu befragen. Denn wenn ich über Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Erlebnisse rede, dann möchte ich doch auch tatsächlich genau mit diesen Menschen ins Gespräch kommen. Und ich möchte ganz konkrete Statements sammeln, wie es denn bei ihnen war. Denn das ist dann genau jener Kern der Analyse und später Design Arbeit, in dem sich die Qualität dieser Phase und des erreichten Ergebnisses zeigt.

Eine Art und Weise die sich anbieten das zu tun, ist mit sogenannten Fokusgruppen. Solche Fokusgruppen aufzusetzen und durchzuführen kann durchaus aufwendig sein, und je nach Unternehmensgröße und Komplexität bedeuten, mit vielen unterschiedlichen Zusammensetzungen, an verschiedenen Standorten, und auch in unterschiedlichen Sprachen zu arbeiten. Das alles gilt es natürlich gut vorzubereiten, zu organisieren, durchzuführen und zu moderieren, und im Anschluss nachzubereiten, zu analysieren und auszuwerten. Darauf gilt es sich schon von Beginn an einzustellen und neben einer realistischen Planung auch flexibel zu bleiben, wenn sich Fokusgruppen einmal verschieben. Denn üblicherweise sind Kolleginnen und Kollegen nicht so einfach verfügbar neben dem Tagesgeschäft und unvorhergesehene Ereignisse und „fire-fighting“ kommt immer wieder mal dazwischen. Und so eine Fokusgruppe braucht schon mehrere Stunden an Zeit commitment, als Größenordnung: rund drei Stunden pro Fokusgruppe, ohne Vor-und Nachbereitung haben sich als guter Richtwert herausgestellt, der in den meisten Fällen gebraucht und auch genutzt wird.

An dieser Stelle der Hinweis, dass mich Max Lammer Anfang des Jahres in seinem Podcast Moments that Matter ebenfalls zum Thema Fokusgruppen befragt hat. Hört in diese Episode bei ihm gerne mal rein. Link dazu ganz unten im Post.

Wie kommt man nun zu einer guten Auswahl und Zusammensetzung der Fokusgruppen? Auch in diesem Fall, wie bei anderen komplexen Themen, kann und sollte diese Entscheidung keine One-Woman oder One-Man Show  sein. Für mich haben sich dazu interdisziplinär zusammengesetzte Coreteams als beste Option herauskristallisiert, in denen besprochen und entschieden wird, wie die Fokusgruppen zusammensetzt sein sollen. Was kommt dabei üblicherweiseheraus? Letztendlich genau das, nämlich interdisziplinäre und diverse Fokusgruppen, mit gemischten Zielgruppen, um ein möglichst breites, umfassend und diverses Bild von den Erlebnissen im Unternehmen schon innerhalb jeder Fokusgruppe zu bekommen. Weiters, eben je nach Unternehmensgröße und Komplexität, gilt es in einzelne Standorte zu unterteilen, was teils an unterschiedlichen Rahmenbedingungen, teils aber auch organisatorisch viel Sinn machen kann. Und zusätzlich kann man auch spezifische Zielgruppen in eine Fokusgruppe bringen, weil diese eben ganz spezielle Journeys und auch Lebensumwelten im Unternehmen haben, beispielsweise Auszubildende.

Und das Fazit, das ich euch hier mitgeben kann, ist: Üblicherweise funktioniert das ganz wunderbar 🙂 Woraus leite ich das ab? Aus Feedback von begeisterten Fokusgruppen Teilnehmer*innen. Oftmals empfinden diese die Tatsache zu Ihren Erlebnissen befragt zu werden sehr wertschätzend, und diese Momente zu beleuchten und anzusprechen, wichtig. Durch die Bestätigung von Themen die man teilweise schon wusste und oder vermutete bekommt man einen ganz wichtigen „Datenpunkt“ hier bereits am richtigen Weg zu sein. Und dadurch, dass üblicherweise viele neue Themen und Erlebnisse kommen werden blinde Flecken aufgezeigt, die Euren Blick erweitert und wichtige Prioritäten für die Zukunft setzen.

Ergebnis: Bucket List

Jetzt habt Ihr also die Fokusgruppen durch. Ihr habt davor einen soliden Desk Research gemacht. Wo stehen Ihr jetzt also? Was ist das Ergebnis? 

(1) Erstens wisst Ihr nun, basierend auf der Analyse und Kondensation dessen, was schon da ist, und dem Feedback der Menschen im Unternehmen, was tatsächlich diese emotional stark aufgeladenen Momente, die sogenannten Moments that Matter sind.

(2) Zweitens wisst Ihr, was die konkreten Erwartungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an diese Momente sind. Und drittens kennt Ihr auch Ihre Wünsche, also das, was über die reine Erwartung hinausgeht. Ihr wisst also, was auch bei bereits gut etablierten Moments that Matter die nächste Stufe sein kann, wo Ihr Euch hin entwickeln sollt um eine ausgezeichnete Employee Experience zu bieten.

Und (3) last but not least wisst Ihr auch, wo es nicht gut läuft. Ihr habt etliche Schilderungen aus verschiedenen Prozessschritten dieser Employee Journey, wo Kolleginnen und Kollegen erzählen, das ist bei Ihnen überhaupt nicht gut gelaufen, das ist komplett in die Hose gegangen.

Das heißt, Ihr habt die Momente, die wichtig sind. Ihr wißt, was Ihr zu den Momenten tun solltet. Ihr wißt, was Ihr schon gut macht. Ihr wißt, was Ihr schlecht macht, und Ihr wißt auch ganz konkret, was Ihr wo besser machen könnt. Eine ganze Menge Wissensgewinn, oder? Jedenfalls eine wunderbare Ausgangsbasis, um darauf aufzubauen und weiterzuarbeiten und in nächster Folge entsprechend priorisieren zu können, was Ihr jetzt konkret als erstes angeht.

Exkurs: Transparenz im Prozess

Wichtig an dieser Stelle ist mir zu erwähnen, weil ich das ganz, ganz essenziell finde, dass spätestens jetzt auch die Feedbackschleife zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fokusgruppen passieren muss. Hier offen und transparent im Prozess gerade gegenüber denjenigen, von denen ich Energie bekomme, von denen ich Informationen und Wissen bekommen habe, zu sein. Erstens, weil es für mich persönlich ganz selbstverständlich ist, dass ich informiere und dieselbe Wertschätzung, dieselbe Energie und dasselbe Vertrauen wieder zurückgebe. Zweitens, weil Ihr das üblicherweise auch versprechen solltet. Ganz selbstverständlich sollte ein Teil des „Fokusgruppen-Deals“ sein, neben Freiwilligkeit und absoluter Diskretion, dass alle Teilnehmer*innen unter den Ersten sind, die die Ergebnisse daraus bekommen. Und drittens nutzt Ihr damit auch eine ausgezeichnete Peergroup, wenn man so will, die Euch zu den Ergebnissen noch einmal zurückspiegeln kann: habt Ihr alles richtig verstanden, habt Ihr die richtigen Schlüsse gezogen, hat sich in der Zwischenzeit aus Ihrer Sicht etwas verändert.

Phase 4: Dafür sorgen, dass die Dinge sich verbessern 

Was sind nun die nächsten Schritte? Und damit möchte ich diese Episode auch ausklingen lassen. Die nächsten Schritte sind, das Ergebnis final aufzuarbeiten mit dem Feedback, das dazu noch aus der Fokusgruppen Feedback Schleife gekommen ist, dieses Ergebnis dann dem Steering Commitee, Sponsor etc – je nachdem welche Projekt Governance ihr aufgesetzt habt – zu präsentieren, und zwar mit ganz konkreten Handlungsempfehlungen, und damit dafür zu sorgen, dass mit den Ergebnissen auch etwas passiert. Wie ich vorher bereits gesagt habe, entstehen durch diesen Prozess üblicherweise ganz viele Erkenntnisse und Handlungsfelder, weshalb eine Priorisierung unerlässlich ist. Nicht alles lässt sich sofort tun, nicht alles macht gerade im Moment Sinn, und nicht alles hat dieselbe Wertigkeit hinsichtlich der Unternehmensziele und dem wofür das Unternehmen steht und stehen will. (Erinnerung zurück zum Anfang in die Desk Research Phase, spätestens hier wird auch klar, wozu ich diese Phase und deren Ergebnisse auch unbedingt empfehle)

Wenn ihr Euch jetzt an den Anfang zurückerinnert, an meinen Hinweis zu den letzten Blogposts, dann lege ich euch hier auch nochmal die Podcast Folge #3/23 ans Herz. Die Folge wo es um die zwei aus meiner Sicht meist übersehenen Faktoren für eine ausgezeichnete Experience geht. Das sind nämlich aus meiner Sicht die Themen Entscheidungsfindung und Priorisieren.

Mit dieser finalen Hörempfehlung sind wir am Ende dieses Posts angekommen. Lasst mich bitte wissen wenn Ihr mehr zum Thema Fokusgruppen hören möchtet. Dann mache ich gerne eine eigene Podcast Folge dazu, wo ich tiefer einsteige in das Design, die Vorbereitung, die Durchführung und die Aufarbeitung und Analyse der Ergebnisse.

Wenn Euch dieser Post gefallen hat, freue ich mich sehr, wenn Ihr mit mir Kontakt aufnehmt und ich von Euch lernen kann. Habt ihr euer EX Design ähnlich gestaltet? Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Habt ihr andere Methoden angewendet, oder andere Erfahrungen gemacht? Wenn Ihr das Thema auch nach-hören wollt, geht es hier zur gleichnamigen Podcast Folge #4/23. Und abonniert gerne auch meinen Newsletter oder folgt mir auf Instagram. Und wie oben angekündigt hier auch noch der Link zur „Moments that Matter“-Podcast Folge in der ich zu Gast bei Max Lammer sein durfte,

Damit bleibt mir noch Euch alles Gute zu wünschen – beibt´s gesund, und bis bald,

Stefan